Bipolar - Weg in die Gesundheit

private Seite


Ying Yang
bild1

 


 

Version 1.7 letzte Aktualisierung 22.05.2018

Datenschutz

© Alle Texte und Bilder dieser Seiten sind urheberrechtlich geschützt. Jedwede weitere Nutzung bedarf der vorherigen schriftlichen Genehmigung durch die Autorin
Seite Drucken

Home - Startseite

Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt

Himmelhoch jauchzend, zu tode betrübt Eine zutreffende Beschreibung und doch nicht genug, um den Zustand zu beschreiben, in dem ein bipolarer Mensch lebt.

Was ist gesund? Wann überschreitet ein Gemütszustand die Grenze zur Krankheit? Wie kann man leben mit dieser Krankheit und kann man die Krankheit überwinden?

Diese Seiten sollen ein wenig Klarheit schaffen, aus der Sicht einer Betroffenen und gleichzeitig Angehörige von anderen Betroffenen, die im Laufe der Jahre selbst zur Expertin für diese Krankheit wurde, und inzwischen als Heilpraktekerin Psychotherapie auch professionelle Hilfe anbietet. Ich bin im klinischen Sinne zur Zeit gesund und zu 50% schwerbeschädigt. Ich lebe medikamentenfrei. Aber ich bewege mich auf einem schmalen Grat. Ich gehe viele Wege, denn es gibt meiner Meinung nach nicht den einen Weg, mit der Krankheit fertig zu werden. Ich habe mein "Anderssein" akzeptiert und lebe mit meinen Hochs und Tiefs. Ich weiß, dass ich Kraft aus meinen Hochs schöpfen kann, und die Tiefs lassen sich überwinden, inzwischen in sehr kurzer Zeit.

Diese Seiten lassen sich wie ein Buch nach Kapiteln geordnet lesen. Es steht auch eine Druckfunktion für die meisten Seiten bereit, die nur die Texte selbst lesbar aufbereitet. Der Vorteil der Aufbereitung als Web-Seiten besteht in der Verlinkung der Themen. An vielen Stellen kann man thematisch zu Quellen oder quer durch die Seiten springen.

Ich hoffe anderen Betroffenen mit diesen Seiten zu helfen, selbst einen Weg für sich zu finden. Angehörigen, Freunden und indirekt betroffenen wie Kollegen sollen diese Seiten helfen, besser zu verstehen. Verständnis und Akzeptanz sind dringend nötig, um Stigmatisierungen und Ausgrenzungen Betroffener zu bekämpfen. Ich möchte aufzeigen wie indirekt betroffene aus Familie oder sozialem Umfeld unterstützen können. Dies ist für die Betroffenen und ihr Umfeld besser als Kopfschütteln, Mobbing, Ausgrenzung und Unverständnis. Falsche Rücksichtnahme kann zu einer Co-Erkrankung bei Angehörigen führen. Es ist deshalb immer das Gesamtsystem zu betrachten, welche Persönlichkeitsstruktur bzw. -störung liegt bei dem Betroffenen vor, welche Ängste oder Lebensziele prägen die Persönlichkeit, welche stützenden Umweltfaktoren gibt es, was ist der sekundäre Krankheitsgewinn? Über Erfahrungen von anderen Betroffenen, Angehörigen und Fachkräften in dieser Thematik würde ich mich sehr freuen im Gästebuch zu lesen.

Manisch - Depressiv / Bipolar / affektive Störungen

Viele Namen für eine Sache. Im Extrem endet eine Phase in einer Psychose, oft ist der Selbstmord ein ständiger Freund des Betroffenen. Wo liegen die Grenzen zwischen krank und gesund? Wie viel "Anders sein" ist erlaubt bzw. geht im Kontext des Zusammenlebens in unserer Gesellschaft? Wie entwickelt man genug Selbstbewusstsein, um trotz einer solchen Schwerbeschädigung ein gesundes, normales Leben führen zu können? Was schützt vor dem Abgleiten in immer neue Depressionen? Viele Fragen, die ich versucht habe, für mich zu beantworten und die sich sicher viele Menschen stellen.

Die größte Gefahr für den Betroffenen und sein Umfeld ist wohl die Gefahr der Übersteigerung von Gefühlen der Verletztheit und Wut, die im Extrem zu Selbstmorden, erweiterten Selbstmorden oder Amok-Läufen führen können. Die Gesellschaft sollte deshalb, wie jeder Betroffene selbst, ein dringendes Interesse daran haben, den Beginn solcher schweren Phasen zu erkennen und Hilfe zu leisten bzw. anzunehmen. Dabei gibt es die besondere Herausforderung, dass die Phasen nur eine geringe Zeitspanne des Lebens des Betroffenen ausmachen. Nicht jede emotionale Reaktion ist immer krank. Lachen ist möglich, ohne manisch zu sein; Trauer ohne Depression; Wut über Unfairness im Leben ist normal, wie bei jedem anderen Menschen auch. 

Oft gibt es Folgeerkrankungen wie Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit.

Betroffene fielen zu allen Zeiten mit dieser Erkrankung auf, waren "geniale Künstler" oder "verfolgte Irre". Schon Hippokrates beschrieb die Melancholie und vermutete ihren Ursprung in einem Überschuss von schwarzer Galle. Dämonen und Hexen galten als Ursache der Erkrankung im Mittelalter und viele "Besessene" wurden der Hexerei bezichtigt und umgebracht. Im Nazireich galt die Erkrankung als "erbkrank" und Betroffene wurden zwangssterilisiert und vergast.

Viele Betroffene starben aber auch durch ihre eigene Hand: Virginia Woolf, Robert Schumann, Kurt Cobain, Vincent van Gogh.

Die Welt wäre langweiliger ohne dieses Spielart der Natur. 

bipolare Personen

Gesund - ist das möglich?

Ich habe über 30 Jahre normal mit meiner Familie gelebt und  habe teilweise Vollzeit in verantwortungsvoller Position gearbeitet. Der Job hat mich ausgebrannt, aber mit dem Schreiben von Büchern und der Ausbildung als Therapeutin habe ich mir ein neues Tätigkeitsfeld aufgebaut und stehe weiter auf eigenen Füßen. Ja, es ist möglich. Es ist schwer, es war ein schwerer Weg. Es erfordert viel Kraft, viel Disziplin, viel Einsicht und Rücksichtnahme auf andere.

Lange habe ich gegen die Krankheit gekämpft, habe funktioniert. Inzwischen lebe ich allein auf dem Land, halte aber gut Kontakt mit meiner Familie und bin viel unterwegs, auf Reisen und versuche mich in vielen Dingen, von Yoga-Kursen über Kochnachmittage bis zu Therapeutischen Verfahren wie EMDR aus der Traumatherapie. Die Abwechslung scheint meine manische Seite zu befriedigen. Die Ruhe, dass ich nichts wirklich muss (außer einen Kurs über 8-12 Wochen dann auch zu Ende bringen, wenn er zustande kommt), hält mich ruhig. Ich beachte weiter meine vielen Regeln, treibe weiter regelmäßig Sport, meide Zucker, Weizen, Alkohol und weitere Drogen, versuche Genussmomente in meinen Alltag einzubauen und genug Abenteuer, um die manische Seite auf einem guten Level auszuleben.

Der Stress eines Voltagsjobs erscheint mir inzwischen als ein entscheidender Auslöser für manische und depressive Phasen. Ich arbeite an der Unterstützung der Erwerbsminderungsrente zur Erhaltung meiner Gesundheit. 

Jeder Tag ist eine neue Herausforderung. Wichtige Anker sind mir meine Familie, die Geborgenheit gibt und mich hält, und echte Freunde, sowie ein regelmäßiger Tagesablauf.

Wichtig war für mich aber auch Hilfe in Form von Therapie und Reha Maßnahmen bewusst anzunehmen. Mich zu informieren und die Lebensweise so auszurichten, dass ich auf meine spezifischen Stärken und Schwächen Rücksicht nehme.

Der Prozess der Überwindung der Krankheit vollzog sich bei mir in vielen Schritten über viele Jahre. Er lässt sich meiner Meinung nach auch nicht wesentlich verkürzen, vielleicht ein wenig zielgerichteter beschreiten, wenn man die möglichen Ansatzpunkte kennt. Ich musste mir vieles selbst erarbeiten und stelle meine Erfahrung hier gerne zur Verfügung für alle, die wie ich einen Weg suchen.

Die einzelnen Phasen der persönlichen Veränderung im Laufe der Zeit fand ich ganz herausragend skizziert in folgendem Gedicht:

1

Ich gehe die Straße entlang. 
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren ... Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos, wieder herauszukommen.

2

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich tue so als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es sehr lange, herauszukommen.

3

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich sehe es.
Ich falle immer noch hinein ... aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß wo ich bin.
Es ist meine eigene Schuld.
Ich komme sofort heraus.

4

Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich gehe darum herum.

5

Ich gehe eine andere Straße.

Dieses Gedicht fand ich im Buch "Ohrfeige für die Seele".

Das Gedicht beschreibt im wesentlichen die Schritte, die in der kognitiven Verhaltenstherapie dazu führen, seine Denkweise und Verhalten zu ändern. Der erste Schritt ist tatsächlich das Erkennen der Abgrenzung der eigenen Schuld. Ich habe noch keinen depressiven Menschen gefunden, der nicht voller Anklage steckte. Die Umstände, die Eltern, die Vergangenheit, die Kollegen, die Verwandten, wer auch immer, irgend jemand war Schuld, dass es einem so schlecht geht. Darin steckt sicher auch etwas wahres, es gibt Umstände, die das Leben unfair erscheinen lassen. Eltern machen Fehler in der Erziehung, Lehrer verhalten sich nicht immer fair, ganz zu schweigen von Übergriffen gegenüber Schutzbefohlener. Das sind Dinge, die jeden völlig unschuldig überfallen können.

Ob wir aber daran zerbrechen und in ein Loch fallen bzw. depressiv werden, das können wir in die Hand nehmen z.B. mit kognitiver Verhaltenstherapie. Um aus dem Loch hinaus, bzw. schneller aus der Depression heraus zu kommen, hilft Psychotherapie. Damit wir einen Weg finden, nicht immer wieder in ähnlichen Situationen genauso hilflos in ein Loch zu fallen, können wir unsere Gedankenmuster und Verhalten ändern. Auf diesem Weg hilft die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die die Situationen, die uns so schwer verletzten, analysiert. Die kognitive Verhaltenstherapie kann uns helfen, zunächst das eigene Mitwirken an der Situation zu erkennen und am Ende tatsächlich ganz neue Wege zu entdecken, die uns gesund durchs Leben gehen lassen.   

Ich habe gelernt Leid zu verbergen, um andere glücklich zu machen

zum Seitenanfang